Gesetzliche Vorgaben zur Energieeffizienz
Sparen im großen Stil
Im September hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz beschlossen, der notwendigen Energiesparmaßnahmen einen klaren gesetzlichen Rahmen geben soll. In der derzeitigen Fassung wirft das Energieeffizienzgesetz allerdings Fragen auf. Und dürfte insbesondere den Unternehmen nicht gefallen, die ihre Hausaufgaben bereits gemacht haben.
Im neuen Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist vorgeschrieben, welche verpflichtenden Maßnahmen Behörden, Rechenzentren und Unternehmen künftig umsetzen müssen, um den Energieverbrauch in Deutschland dauerhaft zu senken. Bereits 2014 hatte der Europäische Rat einen neuen EU-Klima- und Energierahmen bis 2030 festgelegt. Darin wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Energieeinsparungen in Höhe von mindestens 27 Prozent bis 2030 zu erreichen.
Das steht im Gesetz
Mit dem EnEfG wird dieser Beschluss nun in deutsches Recht umgesetzt. Voraussichtlich bereits ab dem 1. Januar 2024 sollen Maßnahmen ergriffen werden, die den Energieverbrauch in Deutschland bis 2030 effektiv senken. „Im Sinne frühzeitiger Planungs- und Investitionssicherheit werden darüber hinaus Ziele für 2040 und 2045 aufgezeigt“, heißt es in einer Mitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Was aber bedeutet das für energieintensive Unternehmen wie Bäckereien konkret?
Betriebe mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 15 Gigawattstunden – also 15.000.000 Kilowattstunden – werden künftig verpflichtet, „Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen Die Bundesregierung will Maßnahmen zur Energieeffizienz gesetzlich regeln Wer längst eine Photovoltaik-Anlage hat, ist jetzt möglicherweise angeschmiert und wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen in konkreten Plänen zu erfassen und zu veröffentlichen. Über die konkrete Effizienzmaßnahme entscheiden die Unternehmen“, so die Zusammenfassung auf der Website des Ministeriums. Stufenweise sollen dann auch kleinere Betriebe in die Pflicht genommen werden.
Der Energiebedarf soll also nicht nur sinken, sondern es muss darüber hinaus genau erfasst werden, wo wieviel Energie tatsächlich verbraucht wird. Zudem werden Unternehmen verpflichtet, „Abwärme aus Produktionsprozessen zu vermeiden oder, soweit eine Vermeidung nicht möglich ist, zu verwenden“, heißt es weiter.
Pauschale Vorgabe
Problematisch liest sich die derzeitige Fassung des Gesetzestextes aus Sicht von Betrieben, die in der Vergangenheit bereits weitreichende Maßnahmen zur Energieeffizienz umgesetzt haben. Derzeit werden nämlich pauschal alle Unternehmen gleichermaßen verpflichtet, bis 2030 ihren Primärbedarf an Energie um 40 Prozent zu senken. Legt man dafür Werte eines energetisch sehr sparsamen Betriebs zugrunde, könnte es nach Einschätzung des Energieberaters Dirk-Siegfried Hübner schwierig werden, weitere Einsparungen in der geforderten Höhe zu erreichen. „Die ganzen niedrig hängenden Früchte sind da ja bereits weg“, sagt er.
Maßnahmen wie Wärmerückgewinnung, energieeffiziente Ofensysteme oder die Installation einer Photovoltaik-Anlage haben diese Unternehmen längst umgesetzt. Sinnvoll wäre es aus Hübners Sicht, branchentypische Kennzahlen festzulegen, an denen man sich künftig orientieren kann. Wer dann bereits gute Werte aufweist, sollte nicht zu umfangreichen weiteren Maßnahmen verpflichtet werden.
Positive Aspekte
Als positiv bewertet Hübner die Maßgabe, künftig den Energiebedarf in einem Managementsystem zu erfassen, um genau zu ermitteln, wo und wann welche Bedarfe entstehen und sich weitere Einsparmöglichkeiten zeigen. Zudem sei mit detaillierten Prüfungen zu rechnen, damit die Verpflichtungen auch tatsächlich eingehalten werden. „Das war bis jetzt nicht der Fall“, erklärt der Energieberater.
Voraussichtlich im November soll das Gesetz endgültig verabschiedet werden. Anschließend wandert es weiter in die Ministerien, wo die Vorgaben in Form einer Durchführungsverordnung konkretisiert werden sollen. Erst dann wird festgelegt, was genau wann auf die Bäckereien zukommt. Über den aktuellen Stand der Dinge sollten sich Unternehmen regelmäßig informieren.
Standpunkt
Es ist ein ambitioniertes, aber notwendiges Ziel, den Energieverbrauch in Deutschland radikal zu senken. Gleichzeitig dürfte es ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt werden, für den jeder und jede einen Beitrag leisten muss. Nun nimmt die Bundesregierung Behörden, Rechenzentren und Unternehmen in die Pflicht. Grundsätzlich ein sinnvoller Gedanke. Hier findet man noch eine Menge Einsparpotenzial. Und doch werden mit dem derzeitigen Gesetzentwurf die Falschen bestraft.
Es steht zu befürchten, dass pauschal alle nach derselben Vorgabe angehalten werden, die Ziele zu erfüllen. Auch diejenigen, die ihr Unternehmen in der Vergangenheit bereits energieeffizient aufgestellt haben. Andere, die vielleicht schon in den Startlöchern stehen, werden jetzt erst einmal abwarten. Das ist der falsche Weg. Es bremst den Fortschritt aus, statt ihn zu belohnen. Und sorgt berechtigterweise für Unverständnis. An dieser Stelle gilt es dringend nachzubessern.
Dass die Durchführungsverordnung zum Gesetz nicht in demokratisch organisierten Gremien, sondern von parlamentarischen Staatssekretär(inn) en in den Ministerien verfasst wird, ist ein weiteres Manko. Gerade dort wäre eine offene Debatte unter Einbeziehung der Wirtschaft notwendig, um zu einem sinnvollen Konsens zu gelangen. Der gute Wille allein zählt eben nicht immer. Ein Gesetz muss auch für die betroffenen Unternehmen umsetzbar sein.
Edda Klepp,
Chefredakteurin
Fotos:
mknisanci
NicoElNino