Arbeitsverträge zwischen Angehörigen
Fallstricke vermeiden
Wenn zwischen Angehörigen Arbeitsverträge geschlossen werden, ist besondere Sorgfalt angebracht. Wer sich oder anderen aufgrund der persönlichen Nähe unrechtmäßig Vorteile verschafft, wird bei einer Prüfung schnell Probleme bekommen. Um steuerlichen Nachteilen zu entgehen, müssen die Verträge korrekt ausgeführt werden und denen entsprechen, die auch mit einer fremden dritten Person vereinbart worden wären. Andernfalls könnten Lohnzahlungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden und Ansprüche der Angestellten auf Sozialleistungen verloren gehen.
Ein Szenario, das in Handwerksbäckereien keine Seltenheit ist: Ein Bäcker gründet oder übernimmt einen Betrieb, seine Ehefrau steigt als Verkaufsleiterin mit ein – oder in einer anderen Funktion. Praktischerweise hilft man sich überall aus, wo Arbeit anfällt, und trägt die unternehmerische Verantwortung gemeinsam. Und auch andere können als Angehörige zu Angestellten werden. Zum Beispiel, wenn man die eigenen Kinder im Betrieb ausbildet, Nichten oder Neffen Aufgaben in der Produktion übernehmen oder Geschwister eine Position im Unternehmen bekleiden. Schnell ist man da als Führungskraft gewillt, hin und wieder Fünfe grade sein zu lassen.
Man vertraut sich ja gegenseitig. Doch insbesondere bei Nahestehenden müssen Arbeitsverhältnisse möglichst genau geregelt sein und vereinbarungsgemäß ausgeführt werden, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten.
Zahlreiche Vorteile
In jedem Fall kann sich die Beschäftigung der Familienmitglieder sehr positiv auf das Unternehmen und die Beteiligten auswirken. Zum einen kennt man sich, sodass ohnehin ein vertrauensvoller Umgang miteinander besteht. Darüber hinaus aber hat die Anstellung auch steuerliche Vorteile fürs Unternehmen. Löhne und Gehälter zählen schließlich zu den Betriebsausgaben und können daher regulär vom Gewinn abgezogen werden.
Auf Seiten der angestellten Angehörigen lassen sich weitere Pluspunkte ausmachen. Sie tragen durch ihr Gehalt ihren Beitrag zur Familienkasse bei. Außerdem sind sie kranken- sowie pflegeversichert und können im Falle der Arbeitsunfähigkeit ihren Anspruch auf Krankengeld geltend machen, sofern das Beschäftigungsverhältnis bereits 12 Monate vor der Erkrankung bestand.
Sie zahlen zudem ihren eigenen Beitrag in die Rentenkasse ein, aus dem sich ihre späteren Rentenansprüche berechnen, und sie erhalten bei Arbeitslosigkeit einen monetären Ausgleich, wie alle anderen Mitarbeitenden auch. Doch das ist noch nicht alles: Wird ein weibliches Familienmitglied schwanger, hat es zudem Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Unterm Strich können daher alle Beteiligten von der Zusammenarbeit profitieren.
Nachweis führen
Voraussetzung für all das ist allerdings, dass bei der Gestaltung der Mitarbeit und der vertraglichen Vereinbarungen alles mit rechten Dingen zugeht. Das bedeutet zunächst einmal, dass das Arbeitsverhältnis nicht nur aus steuerlichen Gründen auf dem Papier bestehen darf. Wer einen Anstellungsvertrag bekommt, muss die vereinbarte Tätigkeit auch tatsächlich ausführen. Und zwar genauso, wie es im Vertrag steht.
Bei einer vereinbarten Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche sollte der oder die Angestellte diese auch tatsächlich leisten. Als Nachweis dafür dienen detaillierte Dienstpläne sowie Stundenprotokolle. Aus denen sollte ebenfalls hervorgehen, dass die Arbeitszeiten nicht von den Angestellten selbst vollkommen frei (und somit selbständig) eingeteilt worden sind, sondern innerhalb eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses geleistet wurden.
Wer jetzt eine Lösung darin sieht, einfach weniger Stunden in den Vertrag zu schreiben, das Gehalt jedoch an einer Vollzeitstelle auszurichten, denkt zu kurz. Steuerrechtlich wird nämlich zwischen sozialversicherungspflichtiger Mitarbeit und der familienhaften Mitarbeit von Angehörigen im Betrieb unterschieden. Letztere ist nicht sozialversicherungspflichtig.
Familienhafte Mitarbeit
Um hier eine klare Unterscheidung treffen zu können, hat der Gesetzgeber mehrere Kriterien für die Definition der familienhaften Mitarbeit festgelegt:
1. Die Bezahlung ist in der Regel deutlich niedriger als bei einem ordentlichen Beschäftigungsverhältnis. Die Entlohnung kann im Einzelfall aber auch wesentlich großzügiger ausfallen. In jedem Fall weicht sie von der Bezahlung einer fremden dritten Person im Vergleich deutlich ab.
2. Die Mitarbeit findet nur gelegentlich, unregelmäßig und nicht zu festen Arbeitszeiten statt. Die mitarbeitende Person ist nicht fest in die Bäckerei eingebunden, sie wird in der Regel nicht in Personalplänen berücksichtigt und unterliegt nicht im selben Maße wie bei regulär Angestellten den Anweisungen der Vorgesetzten.
Wird bei einer Prüfung festgestellt, dass die tatsächlich ausgeführte Tätigkeit eher der familienhaften Mitarbeit gleicht, kann sie nachträglich als nicht sozialversicherungspflichtig gewertet werden. Umgekehrt muss man Familienmitglieder als Beschäftigte bei der Sozialversicherung anmelden, sobald ihre Tätigkeit denen einer regulären Beschäftigung gleicht. Bereits bei einem Arbeitsumfang, der als Minijob gewertet werden kann, sind Beiträge fällig.
Empfindliche Strafen
Familiäre Arbeitsverhältnisse im Betrieb sollten daher stets sehr sorgfältig geprüft und ausgeführt werden. Da Unternehmen durch die Anstellung von Angehörigen steuerliche Vorteile haben, ist von einer sehr kritischen Beurteilung des Sachverhaltes durch das Finanzamt auszugehen. Am strengsten beurteilen Behörden erfahrungsgemäß die Zusammenarbeit von Eheleuten.
Wird ein bestehendes Arbeitsverhältnis nachträglich als familienhafte Mitarbeit eingestuft, hat das für beide Seiten, Betrieb und Arbeitnehmer/in, fatale Folgen. Zivilrechtlich wird der Arbeitsvertrag dann nämlich nichtig. Aufgrund von Verjährung können lediglich die Rentenbeiträge der vergangenen vier Jahre zurückgefordert werden. Der Rest verfällt. Sozialversicherungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gehen fast komplett verloren.
Das betroffene Unternehmen kann außerdem die bereits geleisteten Lohnauszahlungen nicht mehr als Betriebsausgaben geltend machen. Stattdessen droht steuerrechtlich die Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung. Im Worst Case kann das sogar als Steuerhinterziehung gewertet werden. Darauf folgen empfindliche Strafen.
Wird das Arbeitsverhältnis im Einzelfall an sich anerkannt, aber das vereinbarte Entgelt im Arbeitsvertrag als überhöht gewertet, kann das Arbeitsverhältnis bestehen bleiben. Der Teil des Gehaltes, der die normale Bezahlung übersteigt, wird dann jedoch als Betriebsausgabe ausgeschlossen und kann nicht mehr vom Gewinn abgezogen werden.
Fremdvergleich berücksichtigen
Eine Lösung, um unangenehme Sanktionen zu vermeiden, besteht darin, bereits vor Unterzeichnung eines Arbeits- oder Ausbildungsvertrags einen sogenannten Fremdvergleich durchzuführen. Das bedeutet, die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses darauf zu prüfen, ob sie dem entspricht, was auch zwischen dem Unternehmen und fremden Dritten üblich ist.
Es empfiehlt sich, die durchgeführte Fremdvergleichsprüfung detailliert schriftlich zu dokumentieren. Formale Voraussetzungen für das Bestehen des Fremdvergleichs sind:
• die Zusammenarbeit wird ernsthaft vereinbart und den Vereinbarungen entsprechend ausgeführt
• der oder die angestellte Angehörige hat parallel kein anderweitiges Arbeitsverhältnis vereinbart, das der Übereinkunft entgegensteht
• im Arbeitsvertrag sind die Aufgaben des oder der Angestellten möglichst genau bezeichnet; dazu zählen die Arbeitszeit und der Arbeitsumfang
• das Gehalt ist in seiner Höhe der vereinbarten Tätigkeit angemessen (zum Beispiel gemessen an üblichen Tarifvereinbarungen); es entspricht dem, was fremde Dritte mit vergleichbaren Kenntnissen, entsprechender Qualifikation sowie gleichem Einsatz als Gegenleistung zu erwarten haben
• das Gehalt wird auf das Konto des oder der angestellten Angehörigen ausgezahlt (Barauszahlungen sind nicht verboten, können oft aber nur schwer nachgewiesen werden)
• Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge werden ordnungsgemäß abgeführt
Ordnungsgemäß gemeldet und ausgeführt, hat die Anstellung von Angehörigen im Betrieb für beide Seiten zahlreiche Vorteile. Wichtig ist, bei der Gestaltung der vertraglichen Vereinbarungen Sorgfalt walten zu lassen und sich dann auch daran zu halten, um möglichen Strafen oder anderen Nachteilen zu entgehen. Auf diese Weise werden am Ende alle Beteiligten von der Zusammenarbeit profitieren.
Wer als Angehörige/r gewertet wird
• Eheleute, auch nach Scheidung
• Verlobte
• verwandte Vorfahren oder Nachkommen sowie Verschwägerte in gerader Linie, also Großeltern, Eltern, Kinder, Enkelkinder und so weiter
• Geschwister sowie Kinder der Geschwister
• Ehepartner/innen der Geschwister sowie Geschwister dieser Ehepartner/innen
• Tanten und Onkel
• Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind
Beratungsstellen
Um beim Fremdvergleich und der Gestaltung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Angehörigen auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt sich eine Beratung, die vor der Vertragsunterzeichnung stattfindet. Hilfe finden Unternehmen unter anderem bei diesen Stellen:
Stiftung Familienunternehmen
Telefon: 089/12 76 40 00 2
E-Mail: info@familienunternehmen.de
familienunternehmen.de
Deutsche Rentenversicherung
Telefon: 0800 / 1000 4800
deutsche-rentenversicherung.de
Fotos:
contrastwerkstatt
guy2men
WavebreakmediaMicro
Auszug aus Ausgabe 03/2023
Dieser und weitere interessante Artikel erschienen in Ausgabe 03/2023 von BROTpro. Die komplette Ausgabe kann im Alles-rund-ums-Hobby-Shop bestellt, direkt im Browser gelesen oder über die App von BROT im Google Play Store beziehungsweise Apple App Store bezogen werden.