Menschen, Brot und Emotionen
Rund 135 Menschen nahmen an der Hybrid-Version des Brotforums 2021 teil
„Ist die Zukunft des Brotes weiblich?“, lautete der Titel einer Gesprächsrunde auf dem Weinheimer Brotforum im vergangenen Jahr. Angesichts dessen fiel die Auswahl der Referenten für 2021 recht einseitig aus: Ausschließlich Männer diskutierten am 7. September auf der Bühne der Weinheimer Akademie. Von der Repräsentation des weiblichen Backhandwerks hingegen keine Spur.
Aus Fehlern lernen
Vielleicht liegt das daran, dass kaum einer so eindringlich und facettenreich von Misserfolgen zu berichten weiß wie Jochen Gaues. Ob sich an seinem Beispiel zukunftsfähige Konzepte ableiten lassen, muss jeder und jede für sich selbst beantworten.
Wie man(n) sich gut in Szene setzt, weiß der Hamburger Bäcker auf jeden Fall. Er landete zahlreiche Lacher sowie Zwischenapplaus beim Publikum. Wer mochte, durfte in den Pausen Gaues’ Brot sowie die Backerzeugnisse weiterer Betriebe kosten.
Für mehr Transparenz
Für lebhafte inhaltliche Auseinandersetzungen sorgte indes ein anderer: Brotpurist Sebastian Däuwel wetterte leidenschaftlich gegen Intransparenz und plädierte für eine fundierte Qualitätsoffensive im Backhandwerk. Zu unscharf bleiben in seinen Augen oft Marketing-Begriffe wie „handwerkliches Backen“ und „Tradition“.
Wer Zusatzstoffe nutze, solle dies konkret benennen sowie gleichzeitig Aufklärungsarbeit in Richtung der Konsumentinnen und Konsumenten betreiben, um über Herstellungsverfahren und Rohstoffe zu informieren. Nur auf diese Weise könne langfristig Vertrauen zurückgewonnen werden, so der Quereinsteiger und erfolgreiche Betriebsinhaber.
Abwechslungsreiches Programm
Wie in der Vergangenheit stellte Akademie-Direktor Bernd Kütscher ein gleichermaßen unterhaltsames wie informatives Programm auf die Beine. Fundiertes aus der Praxis wusste Volker Schmidt-Sköries (Kaiser Biobäckerei) zu berichten. Während andere noch über den Mangel qualifizierter Fachkräfte klagen, hat er längst die Themen Nachhaltigkeit und Personalentwicklung in wirkungsvollen Maßnahmen umgesetzt.
Nachhaltiges Wirtschaften war auch Thema des Vortrags von Unternehmensberater Dirk-Siegfried Hübner, der sich intensiv mit ökologischen und ökonomischen Fragen bei der Brotherstellung beschäftigt. Nur blass blieb hingegen der Impuls von Keynote-Redner Bastian Halecker im Gedächtnis. Sein Thema: Was etablierte Betriebe von Start-ups lernen können. Neue Erkenntnisse brachte das kaum.
All die schönen Zahlen
Aus Sicht der Zuhörenden ebenfalls unter den Erwartungen performte Bäckermeister Hans-Günther Mack. Zwar stellte er mit Herzblut seinen Betrieb und verschiedene wirtschaftliche Standbeine seiner Bäckerei vor, konkrete Zahlen zur Zusammenarbeit mit Aldi ließ er sich jedoch schwer entlocken. Man möge ihn anrufen, um Näheres zu erfahren, bot er an. Hier wäre ein größerer Mehrwert für alle drin gewesen.
Gewohnt kurzweilig führte Michael Kleinert aus Luzern durch das Programm. Raum für Austausch und Netzwerken boten die Pausen sowie ein Get-together am Vorabend bei Brot und Wein. Einen Blick auf die Marktzahlen zu werfen, ließ sich Akademieleiter Bernd Kütscher nicht nehmen. Sein Fazit: Wer intensiv an der Qualität von Brot arbeitet, sei überproportional erfolgreich und habe beste Zukunftsaussichten.
Das 6. Brotforum findet voraussichtlich im Frühjahr 2023 statt.