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Vollwertige Brote und Brötchen ohne Vollkornmehl

Vollwertige Brote und Brötchen ohne Vollkornmehl

Gesund und lecker

Das Thema Gesundheit hat für die Deutschen bei der Wahl ihrer Lebensmittel hohe Priorität. Vollkornbrot bringt viele ernährungsphysiologische Vorteile mit und ist damit im Trend. Dennoch wandert es im Vergleich nur selten in den Einkaufskorb. Nicht einmal jedes zehnte gekaufte Brot zählt zu dieser Kategorie. Wer gesundheitsbewusste Zielgruppen erreichen will, sollte außer zu Vollkornmehl daher vielleicht zu anderen Zutaten greifen.

Gesund, lecker und convenient, also möglichst bequem und einfach – so sieht in den Augen der Deutschen die perfekte Mahlzeit aus. Für den Ernährungsreport 2023 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gaben 99 Prozent der Befragten an, bei ihrer Wahl dem Kriterium „gut schmeckend“ höchste Priorität einzuräumen. Für 91 Prozent muss Essen außerdem „gesund“ sein, immerhin noch 52 Prozent wünschen sich, es „einfach und schnell“ zubereiten zu können.

Gesund, lecker und convenient, also möglichst bequem und einfach – so sieht in den Augen der Deutschen die perfekte Mahlzeit aus. Für den Ernährungsreport 2023 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gaben 99 Prozent der Befragten an, bei ihrer Wahl dem Kriterium „gut schmeckend“ höchste Priorität einzuräumen. Für 91 Prozent muss Essen außerdem „gesund“ sein, immerhin noch 52 Prozent wünschen sich, es „einfach und schnell“ zubereiten zu können.

Mit handwerklichen Backwaren aus hochwertigen Zutaten liegen Bäckereien damit voll im Trend und dürften die Wünsche der Verbraucher/innen problemlos erfüllen. Gesunde Snacks können bequem mit zur Arbeit genommen werden und das klassische Abendbrot hat durch die Pandemie ohnehin eine Renaissance erfahren. Viele Menschen schätzen das Grundnahrungsmittel Brot und kaufen es auch. So wird der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum im Markt Prognosen zufolge im Jahr 2024 bei etwa 61 Kilogramm liegen.

Im direkten Vergleich verschiedener Brote ist Toastbrot nach wie vor der Spitzenreiter und wird am häufigsten gekauft

Wünsche versus Verhalten
Doch obwohl sich insbesondere Vollkorngebäcke für eine vollwertige Ernährung anbieten, greifen die Konsument/innen bei ihnen seltener zu. Nur 9,1 Prozent der Anteile des sogenannten „Brotkorbes der Deutschen“, den die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) alljährlich ausrechnet, verfiel auf Vollkorn- sowie Schwarzbrot. Die Nase vorn hat hingegen Toastbrot mit 29,3 Prozent, gefolgt von Mischbrot (24,3 Prozent) und Körner-/Saatenbrot (13,7 Prozent).

Zwischen dem Verhalten und den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher klafft also ein großes Loch, das Bäckereien mit clever entwickelten Produkten füllen können. So bietet sich die Chance, auf der einen Seite den Konsum-Vorlieben zu entsprechen und auf der anderen das Bedürfnis nach gesunden Lebensmitteln zu stillen, zum Beispiel indem man Toast- oder Mischbrot durch Zugabe ausgewählter Zutaten ernährungsphysiologisch aufwertet.

An dieser Stelle lohnt es sich, gleich mit einem gängigen Vorurteil aufzuräumen. Immer wieder liest man in (meist unwissenschaftlichen) Publikationen, Brot sei generell ein ungesundes Nahrungsmittel und daher nicht zu empfehlen. Begründet wird diese Aussage mit dem Anteil an Kohlenhydraten, der durchschnittlich in Brot – je nach Sorte – etwa zwischen 40 und 60 Gramm pro 100 Gramm liegt.

Vollwertige Ernährung
Allerdings zählen Kohlenhydrate zu den wesentlichen Nährstoffen, die den Körper mit Energie versorgen. Gemäß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gilt eine Ernährungsweise dann als vollwertig, wenn alle benötigten Nährstoffe in richtiger Form, ausreichender Menge sowie im passenden Verhältnis zueinander zu sich genommen werden.

Etwa 50 bis 60 Prozent aller sogenannten Makronährstoffe, der Energielieferanten in Lebensmitteln, sollten bei einer vollwertigen Ernährung eines oder einer Erwachsenen dabei aus Kohlenhydraten bestehen, 30 Prozent aus Fett und maximal 20 Prozent aus Eiweiß. Darüber hinaus benötigen Menschen für die Aufrechterhaltung verschiedener Körperfunktionen Mikronährstoffe wie Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe.

Die faserreichen Bestandteile pflanzlicher Nahrung werden als Ballaststoffe bezeichnet. Sie verweilen länger im Magen, sorgen für ein andauerndes Sättigungsgefühl und gelangen unverdaut in den Dickdarm. Dort regen sie die Darmtätigkeit an und transportieren andere unverdaute Stoffe, beispielsweise Cholesterin, wieder aus dem Körper hinaus. Nach Empfehlungen der DGE sollten Erwachsene pro Tag etwa 30 Gramm Ballaststoffe zu sich nehmen.

Die Auswahl des Mehls spielt eine große Rolle für den Nährwert eines Brotes

Gesundes Lebensmittel
Vor diesem Hintergrund ist auch ein Weizen-Toast nicht generell als ungesund zu bezeichnen, das auf 100 Gramm etwa 48 Gramm Kohlenhydrate, 8 Gramm Eiweiß sowie 3,6 Gramm Fett enthält, auch wenn es mit etwa 3 Gramm vergleichsweise wenige Ballaststoffe beinhaltet. Selbst ein Feingebäck-Teilchen mit 87 Gramm Kohlenhydraten (davon 55 Gramm Zucker), 4,7 Gramm Eiweiß, 7,8 Gramm Fett und nur 1 Gramm Ballaststoffen darf man sich gönnen – sofern die Ernährung über den Tag trotzdem ausgewogen ist.

Entscheidend ist die Mischung unterschiedlicher Lebensmittel. Mit Vollkorn auf dem Tagesplan ist man ernährungsphysiologisch aber tatsächlich besser aufgestellt. Im „Brot des Jahres 2024“, dem Weizenvollkornbrot, stecken beispielsweise pro 100 Gramm nur 41 Gramm Kohlenhydrate (davon 1 Gramm Zucker), zirka 1 Gramm Fett und 8 Gramm Protein. Hinzu kommt der hohe Ballaststoffgehalt von 6 Gramm. Da sich Ballaststoffe zu einem großen Teil in der Schale des Getreidekorns befinden, ist ihr Gehalt bei Auszugsmehlen entsprechend verringert.

Aussagekräftig ist zudem nicht nur die Zusammensetzung der Nährstoffe, sondern vor allem der glykämische Index von Brot. Der sagt aus, wie sich Kohlenhydrate im Körper auf den Blutzuckerspiegel auswirken. So bewirken die komplexen Kohlenhydrate und die Ballaststoffe im Vollkorn, dass der Blutzucker im Blut langsamer ansteigt. Zudem ist Vollkornbrot reich an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen.

Kreativ sein
Das zu wissen allein nützt allerdings wenig, wenn Menschen trotzdem lieber zu helleren Broten greifen. Gesundheitsbewusste Zielgruppen mit diesen Vorlieben holt man am besten mit überzeugenden Argumenten oder besonderen Kreationen ab. Das fängt bereits bei der Mehlauswahl an.

Wer auf Vollkorn verzichten, dabei aber gleichzeitig ein ballaststoffreiches Brot herstellen möchte, sollte nicht gerade zu den niedrigen Mehltypen greifen. So bietet sich statt eines 550er-Weizenmehls das 1050er- oder sogar ein Ruchmehl (etwa Type 1100) an. In diesen Fällen ist der Schalenanteil im Brot erhöht, gleichzeitig kann man noch luftige, helle Brote daraus backen.

Besonders experimentierfreudige Bäckerinnen und Bäcker könnten sich an Schwarzroggen probieren. Dabei handelt es sich um Reste, die bei der Vermahlung von normalem Kulturroggen anfallen und erneut fein ausgemahlen werden. Das Ergebnis entspricht etwa einer Mehl-Type von 2400 bis 2500. Schwarzroggen enthält demnach deutlich mehr Schalenanteile als normales Roggenvollkornmehl, das etwa mit Type 1800 eingeordnet werden kann.

Da Schwarzroggenmehl viele Ballaststoffe enthält, bindet es sehr viel Flüssigkeit. 100 Gramm Mehl können zirka 120 Gramm Wasser aufnehmen. Reine Schwarzroggenbrote lassen sich indes nicht backen, da dem Mehl der Mehlkörper weitestgehend fehlt. Einem Mischbrot allerdings verleiht die Zutat einen besonderen Charakter. Bis zu 10 Prozent der Gesamtmehlmenge kann man durch Schwarzroggen ersetzen.

Vollkornbrot ist zwar sehr gesund, aber dennoch nicht bei allen beliebt

Kleie und Keime
Eine weitere Möglichkeit, das Brot ernährungsphysiologisch aufzuwerten, besteht darin, es mit Kleie und Keimen von Getreide anzureichern. Bei Kleie handelt es sich im Grunde um ein Abfallprodukt. Beim Ausmalen des Mehls bleiben Rückstände aus der Schale zurück, die dann häufig als Futtermittel weiterverkauft werden.

Man kann sie aber auch einem Brotteig hinzufügen. Schon mit einer Beigabe von wenigen Gramm (etwa 5 bis 10 Prozent, bezogen auf die Gesamtmehlmenge) wird man den Ballaststoff- und Mineralstoffanteil eines 1050er-Laibes auf diese Weise signifikant erhöhen. Gleichzeitig erhält man eine deutlich andere Optik als bei Vollkornmehl. Das Brot wird heller und auch lockerer als klassisches Vollkornbrot. Es gleicht eher der Optik eines Mischlaibes. Empfehlenswert ist es, die Kleie zunächst in einem Brühstück quellen zu lassen und dann zum Ende der Knetphase in den Teig einzuarbeiten.

Alternativ kann man dem Teig die Keime des Getreides hinzufügen. Auch sie werden häufig beim Mahlen ausgesiebt, da sie sonst aufgrund des hohen Fettanteils die Haltbarkeit des Mehls verringern. Im Lebensmitteleinzelhandel werden die Überbleibsel als Besonderheit teils teuer verkauft und gelangen so in die Müslischalen der gesundheitsbewussten Konsument/innen.

Im Brotteig sorgen Getreidekeime für mehr Aroma sowie eine Extra-Portion Mikronährstoffe. Weizenkeime zum Beispiel enthalten Folsäure, die Vitamine E und K sowie Kalium, Magnesium, Phosphor, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan. Doch auch an Makro-Nährstoffen sind sie reich.

Rechnerisch nimmt der Keim etwa 2 bis 5 Prozent der Masse eines Getreidekorns ein, zum Beispiel bei Weizen. Dafür enthält er etwa 25 Prozent des gesamten Proteinanteils, 20 Prozent aller Kornfette und zirka 15 Prozent der Mineralien sowie Vitamine des Getreidekorns.

Um den Körper mit ausreichend Energie zu versorgen, braucht es Makronährstoffe wie Kohlenhydrate

Hülsenfrüchte
Bei der Kundschaft besonders angesagt ist derzeit auch das Thema Proteine. Aus diesem Grund lohnt es, sich stärker mit proteinreichen Hülsenfrüchten zu beschäftigen. Ob Lupine, Soja oder Ackerbohne – zahlreiche Bohnen und auch Linsen sind bereits als Mehl auf dem Markt erhältlich und können dem Brotteig zugegeben werden. Soja-, Lupinen und Ackerbohnenmehl haben dabei auch einen interessanten backtechnologischen Effekt.

Bereits die Zugabe von 2 bis 5 Prozent sorgt für eine feine, lockere Porung und längere Frischhaltung. Zudem hellen diese Spezialmehle die Krume deutlich auf. Maximal sollte eine Menge von 10 Prozent auf die Gesamtmehlmenge gegeben werden. Erbsenmehl eignet sich ebenfalls als Backzutat. Allerdings bleicht es die Krume nicht aus, sondern kann sie etwas gelblich bis grünlich färben – je nach Menge und Sorte.

Nüsse, Kerne und Saaten
Auch Nüsse, Kerne und Saaten bringen meist eine ordentliche Portion Protein ins Gebäck. Gleichzeitig beinhalten sie ungesättigte Fettsäuren, die zu den essenziellen Mikronährstoffen zählen. Menschen brauchen diese zum Überleben, können sie allerdings nur über die Nahrung aufnehmen. Je nach gewählter Zutat fügt man dem Teig außerdem verschiedene Mirkonährstoffe hinzu. Sesam, Pistazien und Kürbiskerne zum Beispiel gelten als gute Eisenquellen.

Als Teigzutat werden sowohl ganze Nüsse als auch Mehl verwendet. Zu beachten ist, dass als Nussmehl ausgezeichnete Produkte in der Regel einen geringeren Fettgehalt aufweisen als gemahlene Nüsse. Gleiches gilt für Leinsamen- oder Kürbiskernmehl – hier schwankt die Nährstoffzusammensetzung abhängig davon, ob die gesamte Saat oder nur ein Presskuchen vermahlen wurde. Für eine hellere Krume empfiehlt sich Goldleinsaat.

Richtig kalkulieren
Mit den passenden Beigaben kann man auch ein helleres Brotrezept zu einem vollkornähnlichen Produkt machen und so gesundheitsbewusste Zielgruppen ansprechen. Wichtig ist, die Eigenschaften sowie Vorteile des jeweiligen Brotes im Marketing herauszustellen und transparent zu kommunizieren. Bei gesundheitsbezogenen Aussagen ist in diesem Zusammenhang Vorsicht geboten. Im Zweifel sollte man die vor Veröffentlichung besser juristisch prüfen lassen.

Aus Unternehmenssicht ist es außerdem unerlässlich, die Preise für die angebotenen Produkte ehrlich zu kalkulieren. Besondere Zutaten kosten auch mehr, entsprechend muss man den Preis an den Wareneinsatz sowie den Mehraufwand in der Backstube anpassen. So stellen diese Brote auch keinesfalls einen Ersatz für das Standard-Mischbrot dar, sondern sollten als wertige Sortimentsergänzung vermarktet werden. So wandern letztlich nicht nur bessere Nährwerte in die Mägen der Kundschaft, sondern bestenfalls auch üppige Gewinne in die Kassen.


Prognosen für den Brot-Markt
für 2024 in Deutschland – der prognostizierte Brot-Umsatz in Deutschland liegt für 2024 bei 17,12 Milliarden Euro; für das Jahr 2028 wird mit einem Marktvolumen von 18,81 Milliarden Euro gerechnet – umgerechnet auf die Bevölkerungszahl werden 2024 etwa 204,80 Euro pro Kopf mit Brot umgesetzt – der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt 2024 bei voraussichtlich 61,33 Kilogramm Brot

Quelle: Statista Market Insights


Makro- und Mikronährstoffe
Zu den Markronährstoffen, die dem Körper Energie zuführen, zählen Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Als Mikronährstoffe werden essenzielle Nährstoffe bezeichnet, die dem Körper zugeführt werden müssen, weil er sie nicht oder nur unzureichend in ausreichender Menge bilden kann. Zu den Mikronährstoffe zählen Vitamine und Mineralstoffe, außerdem Spurenelemente, Aminosäuren und essenzielle Omega-Fettsäuren.


Lesetipp
Immer mehr Menschen wünschen sich eine spezielle und gesundheitsfördernde Ernährung – teils aus ernährungsmedizinischer Notwendigkeit oder aber aus Gründen der individuellen Lebenseinstellung. Im Buch „Gesundheitsbewusst backen“ von dem Bäcker Siegfried Brenneis und der Ernährungswissenschaftlerin Eva-Maria Kötter findet sich zu verschiedenen Ernährungsformen das geeignete Gebäck, mit über 60 Rezepten inklusive Step-by-Step-Anleitungen, wissenschaftlichem Hintergrund und tabellarischen Übersichten. Das Buch kann nur noch beim Autor unter as.brenneis@t-online.de bestellt werden.

Siegfried Brenneis, Eva-Maria Kötter Gesundheitsbewusst backen
Matthaes Verlag
240 Seiten
ISBN: 978-3875152142
79,90 Euro


Fotos:
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Grecaud Paul
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Maksim Shebeko

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Edda Klepp

Edda ist Chefredakteurin bei BROTpro und BROT. Seit 2016 bewegt sie sich in der backenden Branche und ist auch privat eine begeisterte Brotbäckerin. Wenn sie nicht gerade schreibt oder Teige knetet, ist sie häufig unterwegs zu Reportagen und Konferenzen oder lässt die Seele baumeln bei einem guten Buch und einer Tasse Tee.